Der große Graben

(Quelle: Rheinpfalz)

Eigentlich wollten die Böhl-Iggeheimer Fußballvereine Palatia und VfB Fusionsgespräche aufnehmen, doch dann stimmten die Iggelheimer dagegen.

Böhl und Iggelheim sind seit der Verwaltungsreform 1969 eine Gemeinde. Seit 43 Jahren also. Trotzdem gibt es in dem Dorf heute noch viele Vereine doppelt. Rivalitäten scheinen oftmals tief verwurzelt. Eine Fusion der Fußballvereine FC Palatia Böhl und VfB Iggelheim ist jedenfalls am 9. November geplatzt. Obwohl schon länger darüber gesprochen wurde, stimmten die Mitglieder des VfB Iggelheim an diesem Tag gegen Fusionsverhandlungen.


Gestürmt wird in Schwarz-Gelb und Blau-Weiß: Die Spieler des VfB Iggelheim und der Palatia Böhl werden kein einheitliches Trikot tragen.

Inzwischen haben sich Böhler und Iggelheimer daran gewöhnt, dass es nur noch einen Bürgermeister, einen Gemeinderat und ein Rathaus gibt. Nur in den Vereinen hindern noch sportliche Rivalitäten oder Traditionen die Mitglieder daran, sich zusammenzuschließen. Peter Christ, seit 2007 Bürgermeister der Gemeinde, erzählt, dass es immer noch sehr viele Vereine doppelt gibt. "Gesangsvereine, Turnvereine, Musikvereine und Fußballvereine, wir haben fast alles doppelt." Er berichtet allerdings auch, dass es schon erfolgreiche Fusionen gegeben hat. Zum Beispiel sind die Radvereine RCV Böhl und RSC Diamant Iggelheim 2006 zu "Vorwärts Böhl-Iggelheim" fusioniert. "Das hat gut geklappt, man hat dort einfach eingesehen, dass es zusammen besser geht als alleine", sagt Christ.

Auch der FC Palatia Böhl und der VfB Iggelheim haben mit den Gedanken gespielt, sich zusammenzuschließen. Mario Joder, 44 Jahre und Technischer Angestellter bei der BASF, ist 2010 zum Vorsitzenden beim FC Palatia Böhl gewählt worden. Kurz darauf sagte er bereits in einem Interview mit der RHEINPFALZ, dass es ihm ein großes Anliegen sei, mit dem VfB Iggelheim besser zusammenzuarbeiten. Joder bedauerte auch, dass die Jugendspielgemeinschaft mit dem Nachbarverein wieder aufgelöst wurde. Den aktiven jungen Spielern, die zusammen aufgewachsen sind, sei es wichtig, dass in so einem kleinen Dorf wie Böhl-Iggelheim beide Vereine zusammenwachsen.

Der Vorsitzende des VfB Iggelheim teilt diese Meinung. Edgar Hoffmann ist seit 2006 Vorsitzender des VfB. Der 62-Jährige war beim TuS Niederkirchen Trainer für die Frauenfußballmannschaft, als diese 1993 Deutscher Meister wurde. Seiner Ansicht nach führt mittelfristig kein Weg an einer Fusion vorbei. Dafür nennt er hauptsächlich finanzielle Gründe. "Beide Vereine werden in den nächsten fünf bis zehn Jahren riesige finanzielle Probleme bekommen, wenn keine Fusion zustande kommt", begründet er seine Meinung. Die Bereitschaft Hoffmanns, Fusionsgespräche zu führen, wurde an Joder herangetragen.

Am 17. September 2012 kam es zu einem ersten Vorgespräch der beiden Fußballvereine. Es waren etwa fünf bis sechs Vertreter von beiden Seiten anwesend, darunter auch die Vorsitzenden. Der FC Palatia stellte eine Präsentation mit Fusionsgründen vor, und die Vertreter erklärten die aktuelle Situation des Vereins. So sei zu wenig Nachwuchs für die aktiven Mannschaften da und der Club bereits heute überaltert. Die Finanzen seien zwar derzeit ausgeglichen, es gebe aber keinerlei Rücklagen für außerplanmäßige Ausgaben oder Investitionen.

Die Palatia-Vertreter zogen aus ihrer Präsentation ein Fazit: Um den Erhalt des Fußballs in Böhl-Iggelheim zu sichern, solle der Abschluss einer Fusion in etwa drei bis fünf Jahren stattfinden. Mit dem Zusammenschluss sollen zukunftsfähige Vereinsstrukturen geschaffen werden. Wichtig sei, ein zentrales Sportgelände zu finden. Die Gemeinde solle in den Prozess eingebunden werden. 

Aber – und da waren sich beide Seiten einig – ohne die Mitglieder dürfe ein solcher Schritt nicht beschlossen werden. Deshalb vereinbarten die Anwesenden, dass diese Präsentation und alle Ideen dazu am 17. November in beiden Clubs zeitgleich vorgestellt werden sollten. 

Doch die Fusions-Idee stieß bei beiden Vereinen nicht nur auf Zustimmung. Vor allem die ältere Generation war in vielen Punkten sehr skeptisch und hatte Bedenken, dass Traditionen verloren gehen könnten. Doch die Befürworter konterten: "Traditionen sind wichtig, vergangene Erfolge waren schön und müssen in Erinnerung behalten werden, aber der Blick zurück darf nicht den Weg in die Zukunft verbauen!", hieß es am Ende der Präsentation. 

Die Mitglieder des FC Palatia Böhl stimmten denn nach der Vorstellung und ausführlichen Diskussionen auch mit 39 Stimmen für einen Zusammenschluss. Nur ein Mitglied stimmte dagegen, zwei enthielten sich. Dann kam eine SMS aus dem anderen Ortsteil und machte alle Pläne zunichte: Der VfB Iggelheim teilte dem FC Palatia das Abstimmungsergebnis mit: 29 Mitglieder dafür, 37 dagegen, eine Enthaltung. 

"Als ich das Ergebnis des VfB Iggelheim während unserer Versammlung bekannt gab, herrschte erst einmal Stille. Wir waren sehr enttäuscht und können bis heute nicht verstehen, dass allein die Gespräche zu einer Fusion von vornherein abgelehnt wurden", sagt Joder. Allerdings sind sowohl Joder als auch Hoffmann der Meinung, dass diese demokratische Entscheidung akzeptiert werden muss. Auch der Bürgermeister, der vorher in die Idee mit eingebunden wurde, schließt sich dieser Ansicht an. Und mit einer persönlichen Meinung zur Fusion hält er sich zurück. 

"Ich bin selbst ein Vereinsmensch und bin der Meinung, das müssen die Vereine selbst wissen. Die Entscheidung der Mitglieder muss respektiert werden, da kann man nicht immer seinen Kopf durchsetzen. Dann wird es eben nicht gemacht, das ist Demokratie", sagt Christ nur. 

Vielleicht ist der Graben zwischen den Vereinen doch zu groß für eine Fusion. Dass es Unstimmigkeiten gibt, zeichnet sich jedenfalls schon eine Weile ab. 2009 ging ein Brief der Palatia an die Eltern der Kinder, die in der Jugendspielgemeinschaft spielten. Aus diesem Schreiben gehen die Auseinandersetzungen und Reibereien der beiden Vereine klar hervor. So soll der Jugendspielleiter des VfB Iggelheim wiederholt versucht haben, den FC Palatia in ein schlechtes Licht zu rücken. Der VfB hätte kein Interesse an einer Zusammenarbeit. Das war ein Grund, warum die Jugendspielgemeinschaft aufgelöst wurde. 

"Der Graben ist nach dem Abstimmungsergebnis größer denn je", sagt Joder. Er ist enttäuscht. Vor allem, weil so schnell wohl keine neuen Fusionsanläufe mehr unternommen werden können. Auch wenn es jetzt wahrscheinlich eher ältere Mitglieder waren, die gegen eine Zusammenlegung votiert hätten. 

Joder hält auch die Tatsache, dass der zweite Vorsitzende des VfB Iggelheim von Anfang an gegen eine Fusion war, für ausschlaggebend. Wenn die Vorsitzenden nicht einer Meinung sind, könne diese Idee nicht überzeugend vermittelt werden, glaubt er. Hoffmann erklärt aber, dass die Präsentation sehr fair und transparent in der außerordentlichen Versammlung dargestellt worden sei und die Mitglieder im Anschluss ausgiebig darüber diskutierten hätten. Die Bedenken wurden dadurch aber offensichtlich nicht ausgeräumt.

 

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